Was ist der “False Consensus Effect”?

Im heutigen Artikel beschäftigen wir uns mit einem zentralen Konzept, welches hinter der Technologie von ReDem steckt. Dabei geht es um den psychologischen Effekt, der als “False Consensus Effect” oder auch als “Consensus Bias” bezeichnet wird.

Aufgrund der Bezeichnung könnte man meinen, dass es sich um einen negativen Effekt handelt. Wichtig zu verstehen ist jedoch, dass dieser nicht zwingend negativ ist und im Falle von ReDem sogar sehr unterstützend eingesetzt werden kann. Dieser Effekt beschreibt lediglich eine natürliche psychologische Tendenz von Menschen.

Der False Consensus Effect beschreibt die Tendenz, dass Menschen dazu neigen, die Häufigkeit ihrer eigenen Meinungen, Überzeugungen, Eigenschaften oder auch Handlungen in der Bevölkerung zu überschätzen.

Menschen nutzen alle Arten von Informationen, die ihnen zur Verfügung stehen. Informationen können sowohl Meinungen, als auch Erfahrungen oder Wissen sein.
Menschen greifen auf verschiedene Arten von Informationen zurück, einschließlich Meinungen, Erfahrungen und Wissen. Da jeder in seiner eigenen „Bubble“ lebt, neigen wir dazu, die Häufigkeit unserer Überzeugungen und Informationen zu überschätzen. Dieses Phänomen wird als False Consensus Effect bezeichnet und geschieht unbewusst, weshalb es schwierig ist, sich einfach darüber hinwegzusetzen.

Selbst wenn Menschen glauben, dass ihre Meinung von der Mehrheitsmeinung abweicht, manifestiert sich der False Consensus Effect. Das bedeutet, dass Menschen dazu neigen, die Verbreitung ihrer eigenen Ansichten stets höher einzuschätzen als die von Personen mit entgegengesetzten Meinungen oder Einstellungen.

Warum tritt der False Consensus Effect auf?

Forscher haben herausgefunden, dass der False Consensus Effect hauptsächlich aufgrund von drei Gründen auftritt.

  • Unsere Familie, Freunde und Kollegen sind oft ähnlich wie wir selbst und teilen dieselben oder ähnliche Ansichten. Wir umgeben uns gerne mit Menschen, die so sind wie wir.

  • Um unser eigenes Selbstwertgefühl zu steigern, versuchen wir uns vorzustellen, dass andere Menschen so sind wie wir selbst. Es fühlt sich einfach besser an, mit einer bestimmten Meinung oder Einstellung nicht alleine zu sein.

  • Da wir mit unseren eigenen Einstellungen und Überzeugungen sehr vertraut sind und diese im Vordergrund unseres Denkens stehen, fällt uns besonders auf, wenn andere Menschen ähnliche Ansichten oder Verhaltensweisen wie wir selbst aufweisen. Ein Beispiel dafür ist, wenn wir uns ein neues Auto zulegen und plötzlich vermehrt Autos desselben Typs auf den Straßen wahrnehmen.

Wissenschaftlicher Hintergrund

Der Effekt wurde bereits 1977 von den Forschern Lee Ross, David Greene und Pamela House an der Stanford University entdeckt und als False Consensus Effect bezeichnet.

In einem Experiment wurden Studienteilnehmer über eine Konfliktsituation informiert und erhielten zwei unterschiedliche Reaktionsmöglichkeiten. Die Teilnehmer wurden gebeten, ihre bevorzugte Option auszuwählen und auch einzuschätzen, welche Wahl die anderen Personen treffen würden. Zudem sollten sie die Charaktereigenschaften derjenigen Personen beschreiben, die jeweils die eine oder andere Option auswählen würden.

Die Forscher beobachteten, dass die Teilnehmer, unabhängig von ihrer eigenen Wahl, dazu neigten zu glauben, dass die Mehrheit der Personen ebenfalls diese Option bevorzugen würde. Zudem stellten die Forscher fest, dass die Teilnehmer die Merkmale derjenigen Personen, die eine andere Option wählten, als extrem darstellten.

Mittlerweile gibt es unzählige weitere wissenschaftliche Studien und Erkenntnisse zu diesem Thema, die diese Ergebnisse klar bestätigen.

Ein Beispiel

Angenommen, wir befragen Menschen zu ihrer Meinung über Elektroautos wie Tesla und Co. Wir stellen zwei gleich große Gruppen gegenüber und stellen beiden Gruppen folgende Frage:

Unterstützen Sie Elektrofahrzeuge oder sind Sie dagegen? (Ja / Nein)

Die erste Gruppe besteht aus Unterstützern von Elektrofahrzeugen, die zweite Gruppe aus Gegnern von Elektrofahrzeugen. Wenn nun beide Gruppen eine Schätzung abgeben müssen, wie viel Prozent der Bevölkerung ihre Meinung teilen, wie würde diese Schätzung aussehen?

  • Unterstützer von Elektrofahrzeugen:
    Die gemeinsame Einschätzung der Unterstützer für „Ja“ wird höher sein als die der Gegner.

  • Gegner von Elektrofahrzeugen:
    Umgekehrt wird die gemeinsame Einschätzung der Gegner für „Nein“ höher sein als die der Unterstützer.

Jede der Gruppen wird dazu neigen, die Häufigkeit ihrer eigenen Meinung zu überschätzen.

Warum ist False Consensus Effect für ReDem hilfreich?

Der False Consensus Effekt ist für ReDem besonders nützlich, da wir diesen nutzen, um die Antwortqualität der Befragungsteilnehmer zu beurteilen. Dabei stellen wir den Teilnehmern zusätzlich zu einer Single-Choice-Frage eine Projektionsfrage über das Antwortverhalten anderer Teilnehmer.

Unsere Technologie untersucht anschließend, ob die Antworten und zugehörigen Projektionen der Teilnehmer den Annahmen des False Consensus Effekts entsprechen.

Wenn Teilnehmer also oberflächliche Antworten abgeben oder aufgrund sozialer Erwünschtheit unaufrichtig sind, stimmt deren Antwort mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht mit den Projektionen überein. Der False Consensus Effect hilft uns somit dabei, „qualitativ hochwertige“ von „qualitativ schlechten“ Befragungsteilnehmern zu unterscheiden.

Florian Kögl
Florian ist Gründer und CEO von ReDem®. Darüber hinaus ist er Vorstandsmitglied im Verband der Marktforschung Österreichs und verfügt über umfangreiche Erfahrung in der Entwicklung innovativer Softwarelösungen.